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Leonards Geschichte

Dorfleben

Meine erste Begegnung mit dem Dorfleben war 1983 als ich und meine Geschwister zusammen mit unserer Mutter in das Dorf zogen, da unsere Grossmutter dort alleine lebte.
Mein Vater wohnte weiterhin in der Stadt und hegte den Plan so genügend Geld für die Schulgebühren für die älteren Geschwister sparen zu können, die bereits in die Sekundarschule gingen.
Die Realität holte mich aber ein, als die ganze Familie in einer kleinen strohbedeckten Hütte mit Schlamm bedeckten Wänden, ohne Unterteilung, wohnten. Das heisst alle im gleichen Raum auf einer traditionellen Matte schlafend, die man Chaya und Msala nennt. Geld für eine Matratze war nicht vorhanden und es nützte also nicht deswegen traurig zu sein.

Primarschule

Ich besuchte die lokale Primarschule und am ersten Schultag, einem Montag, traf ich meinen Freund, Jeremiah.
Der Unterricht erfolgte in Englisch und im lokalen Dialekt (Pokomo). Es ging nicht lange und ich gewöhnte mich daran ohne Schuhe und ohne Frühstück zur Schule zu gehen. Was schwierig für mich war, war, dass es keine wirkliche Infrastruktur gab. Es gab keine Pulte oder Stühle. Mein Freund half mir aus Palmen (bekannt als Mkindu und Mpongoo) ein traditionelles Pult zu bauen.


Das war nicht schlecht, da die tieferen Klassen alle auf dem Boden sitzen mussten.
Die meiste Zeit gab es kein Mittagessen, ausser von einem Projekt von der Regierung, so dass es zwischendurch Milch gab.
Unter der Woche wurden wir immer wieder mal zum Gras sammeln geschickt, womit dann das Dach neu gedeckt wurde oder Stützen für ein neues Schulzimmer gebaut wurden. Die Schule war stets in einem baufälligen Zustand mit Schlamm an den Wänden und Strohdächern. Es gab auch keine Türen.
Am Wochenende unterstützten wir dann jeweils meine Mutter und Grossmutter auf dem Feld.


Ich gewöhnte mich schnell ans Leben auf dem Land und trotz des einfachen Lebens hatte ich es lustig.
Englisch zu sprechen war nicht einfach, da die meisten Schüler nur den lokalen Dialekt sprachen. Die Schulleitung verteilte ein Schild mit dem Titel «Ich bin ein Trottel, wenn ich nicht Englisch spreche» an alle, die Dialekt statt Englisch sprachen.
1984 gab es eine landesweite Hungersnot und es gab praktisch keine Lebensmittel, nicht einmal in den Läden. Während drei Monaten hatten ich und meine Geschwister nur eine Mahlzeit in 24 Stunden. Wir waren aber trotzdem glücklich, da mein Vater uns Geld schicken konnte um Essen zu kaufen. Es gab Familien, die während mehreren Tagen kein Essen hatten.

Sekundarschule

1987 absolvierte ich die letzten Prüfungen in der Primarschule und bestand die Aufnahmeprüfung für die High School. Diese Schule war aber nicht als Prüfungszentrum registriert und so mussten wir 30 Kilometer zum nächsten Prüfungszentrum in Sera laufen. Wir mussten genügend Lebensmittelvorräte mitnehmen, die für fünf Prüfungstage ausreichen mussten.

Danach ging ich an die Wenje Sekundarschule, einer lokalen Gemeindeschule, die 9 Kilometer von der Hauptstrasse entfernt lag und bei Regen nicht mit dem Bus erreichbar war. Während der Regenzeit im April mussten wir zu Fuss an die Strasse laufen, um den Bus nach Hause zu benutzen. Damals war ich zirka 14 Jahre alt.
An der Schule hatten wir keine Elektrizität und der nächste Ort, wo es welche gab, war 160 Kilometer entfernt, in Malindi. Wir benutzten Laternen. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde die Schule mit Solarpanels ausgestattet und so hatten wir auch Strom. In dieser Schule traf ich eine Pflegerin die nicht glauben konnte, dass ich es so weit gebracht hatte. Die Pflegerin kannte die Schule, da sie vorher in Hola (Hauptort der Provinz) arbeitete.


Es gab keine Wasserrohre und so gingen wir am Abend im Fluss (Tana River) - welcher voller Krokodile ist - baden und unsere Trinkgefässe für den nächsten Tag auffüllen. Die Schulleitung baute ein Käfig, worin wir baden konnten, damit wir nicht von den Krokodilen angegriffen wurden. Wenn ich heute darüber nachdenke, jagt es mir einen Schrecken ein, wie wir dies alles bewältigten.

Aktuell

Trotz all diesen Schwierigkeiten bestand ich die Prüfungen und mir wurde ein Platz an der Universität in Nairobi angeboten, wo ich einen BSc zum Unterrichten machte. Da ich aber nicht als Lehrer tätig sein wollte, machte ich noch das Diplom für Klinische Medizin, welches ich ein Jahr später bestand.
Heute führe ich die Titel als BSc in Klinischer Medizin und einen Master. Gott sei gelobt!

LeonardEN
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